Auslandsstipendien für Bildende Kunst und Film der Stadt Graz


Dotation/Förderungsziel

Die Stadt Graz vergibt vorbehaltlich der Beschlussfassung im Stadtsenat seit 2014 zwei Auslandsstipendien für Bildende Künstler:innen (Malerei, Grafik, Bildhauerei, Objektkunst, Medien- und Netzkunst, Film).

Zeitrahmen wie auch Ziel- bzw. Herkunftsland sind dabei flexibel und sollen von den Künstler:innen und den vergebenden Institutionen gemeinsam in einem finanziellen Gesamtrahmen von je € 5.000,-- vereinbart werden. Ziel ist die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes von Grazer Bildenden Künstler:innen und Filmschaffenden, denen die Verwirklichung eines künstlerischen Projekts in einem sie besonders interessierenden Land ermöglicht werden soll. Daraus soll sich wiederum die Möglichkeit ergeben, aus diesem Besuch entstehende Projekte im Rahmen von Gegenbesuchen zu entwickeln. Die Stipendiat:innen erklären sich bereit, innerhalb eines Jahres nach erfolgter Vergabe die Ergebnisse ihrer künstlerischen Tätigkeit des Arbeitszeitraums der Öffentlichkeit zu präsentieren oder einen umfassenden Tätigkeitsbericht mit künstlerischen (Zwischen)Ergebnissen zu verfassen.

Vergabekriterien für Grazer Künstler:innen und Filmschaffende

  • Ausgewiesener Graz-Bezug: Geburtsort Graz oder Wohnort Graz oder Arbeitsschwerpunkt in der Stadt Graz
  • Künstlerische Qualität
  • Mindestens eine öffentliche Präsentation der Werke in Graz oder eine umfassende Dokumentation mit Filmtrailer und/oder Katalog

Vergabekriterien für ausländische Künstler:innen und Filmschaffende

  • Künstlerische Qualität
  • Mindestens eine öffentliche Präsentation der Werke in Graz oder eine umfassende Dokumentation mit Filmtrailer und/oder Katalog

Erforderliche Einreichungsunterlagen (in deutscher Sprache)

bitte nur digital mit dem Hinweis "Auslandsstipendium Bildende Kunst 2024" einreichen an: kulturamt@stadt.graz.at
  • Formular Auslandsstipendium für Bildende Kunst und Film
  • Motivations-Statement
  • Biografie
  • Verzeichnis von Ausstellungen
  • Kataloge (nur wenn als pdf vorhanden)
  • diverse Dokumentationen, Pressebericht u. ä. (nur wenn als pdf vorhanden)
  • (Für Grazer Künstler:innen: Nennung des bevorzugten Landes für den Stipendienaufenthalt)

Vergabemodus

  • Ausschreibung
  • Bewertung durch Jury und Vertretung jener Grazer Institutionen, die fähig sind, Künstler:innen aufzunehmen (Wohnen, Betreuen...)
  • Entscheidung durch die zuständigen Organe der Stadt Graz (Kulturstadtrat/Kulturstadträt:in, Stadtsenat)
  • Zudem gestattet der Stipendiat/die Stipendiat:in dem Kulturamt der Stadt Graz, über das Stipendium zu berichten (gegebenenfalls Website, Buch, Katalog, Filmtrailer, Massenmedien wie Zeitungen und Ähnliches). Dafür stellen sie ihre Dokumentation, Filmdokumentation, -trailer, und Reproduktionen bzw. Bilder jener Werke, die im Rahmen des Stipendiums entstanden sind, kostenfrei zur Verfügung und erteilen die unentgeltliche Druckgenehmigung auch über das Jahr hinaus.


Formular

Auslandsstipendien für Bildende Kunst und Film

Richtlinie Auslandsstipendien für Bildende Kunst und Film

Einreichfrist

31.3.2024

Jury (erweiterter Fachbeirat Bildende Kunst)

Univ.- Prof. DI Mark Blaschitz
DI Markus Bogensberger
Mag. Gerhard Gross
Drin Monika Holzer-Kernbichler
Evelyn Kraus
Margarethe Makovec


KONTAKT:
Maga Bettina Messner
Kulturamt der Stadt Graz
Stigergasse 2 (Mariahilfer Platz), 2. Stock, 8020 Graz
Tel: +43/316/872/4921
e-mail: bettina.messner@stadt.graz.at


Stipendiat:innen 2024

Eva Helene Stern und Julian Castritius


Projekttitel: Maternal Investment
Mutter-schafft. Eine Bestandsaufnahme titelt der aktuelle (04/2024) von Lisa Kikol herausgegebene Band des Kunstforum international, der der Frage nach der Vereinbarkeit von Mutterschafft, Kunst und Künstlerin nachgeht, die noch immer oft zulasten eines Entweder-Oder verhandelt wird. Mutterschafft ist ein Tabuthema, grenzt aus, lässt Frauen in der Care Arbeit noch immer vielfach alleine und verunmöglicht dadurch auch heute noch viel zu oft eine Entwicklung oder Konzentration auf die Arbeit als Künstlerin.
Ein aktuelles Beispiel für eine strukturell bedingte biographische Unterbrechung ist Eva Helene Stern, die als Künstlerin bis 2013 intensiv und höchst erfolgreich tätig war. Die Entscheidung für eine zweifache Mutterschaft forderte ein sicheres Einkommen als Alleinerziehende und erzwang die Unterbrechung ihrer künstlerischen Tätigkeit. Seit 2022 hat sie ihre künstlerische Arbeit wieder aufgenommen und verortet sich neu in ihren Fragestellungen, die zum einen autobiographisch sind, zum anderen aber beständig aktuelle Allgemeingültigkeit erfahren.
Das Auslandsstipendium soll Eva Helene Stern unterstützen ihre künstlerische wie auch feministische Forschungs- und Entwicklungsarbeit als grundlegende Fragen gesellschaftlicher Gegenwart voranzutreiben. Ausgangspukt ist dabei ihre mütterliche Familiengeschichte, die prototypisch für viele Frauenschicksale steht. Ihre Mutter wuchs als Halbwaise und als ein sogenanntes „Butterkind“ von 1949 bis 1965 in Spanien (Donostia/ San Sebastián) während der Franco-Diktatur bei Gasteltern auf. Eva Helene Stern erforscht dort einen Teil ihrer Wurzeln, will aber auch die Tatsache bearbeiten, dass ihre Mutter aufgrund einer unehelichen Schwangerschaft 1965 nach Österreich zurückgeschickt wurde, alleinerziehend und auf sich gestellt. Die Ergebnisse des Projektes „Maternal Investment“ sind nicht nur von privatem Interesse, sondern liefern das Potential zur Veränderung nachfolgender Generationen. „Das Private ist politisch“ – das betrifft nicht nur den Feminismus, sondern insbesondere auch die Rolle von Müttern in der Kunst.


Projekttitel: Cornbreaks and Heartbread
Julian Castritius ist ein Künstler und Student der Umweltsystemwissenschaften/Geographie an der Universität Graz. Seine künstlerischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in More-Than-Human Geographien, Stadtgeographie und Waste Studies. Er ist Teil des jungen Kollektivs AestheticAthletics+ welches sich aus Architekt:innen, Künstler:innen und Geograph:innen aus Österreich und Deutschland zusammensetzt. In dieser Konstellation wurden in den vergangenen Jahren künstlerische Installationen und Interventionen in verschiedenen Städten (Graz, Innsbruck, Breslau etc.) durchgeführt. Diese zeichneten sich durch eine hohe Intensität an sozialer Interaktion und eine sehr präzise, zeitgemäße und sich stetig fortentwickelnde Ästhetik aus. Die Gruppe praktiziert die Selbstbenennung somit auch in ihrer künstlerischen Praxis.
Das eingereichte Vorhaben setzt sich aus den Komponenten Wandern, Kochen, Sammeln und Bauen zusammen und soll in der albanischen Hauptstadt Tirana stattfinden. Geplant ist, vor Ort die Materialien für den Bau eines Handkarrens zu suchen und zu finden. Ausschließlich mit gefundenen Materialien und Objekten soll eine mobile Küche konstruiert werden. Diese soll dann an verschiedenen Orten aufgestellt werden, um dort gemeinsam zu kochen und zu essen. Ziel ist es, offene Situationen zu schaffen, in denen die Teilnehmenden mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie der Umwelt in Kontakt treten können. Das Sammeln von Materialien ergänzt das Projekt und begleitet die Wanderung kontinuierlich. Die gesammelten Objekte sollen sowohl als Grundlage für die Mahlzeiten, als auch für die Weiterentwicklung des Handkarrens oder zur Dokumentation der Reise dienen.
Das Projekt lässt einen spannenden künstlerischen Prozess erwarten und dient zur Weiterentwicklung einer interessanten und sehr eigenständigen Künstler:innengruppe.


Stipendiat:in 2023

Auslandsstipendium für Bildende Kunst: Maria Schneider/Lluís Martínez Fenollar

Das Auslandstipendium für bildende Kunst wird Maria Schneider und Lluis Martinez für das Dokumentations- und Forschungsprojekt „Lands of Earth“ zugesprochen. Eine achtwöchige Reise führt die beiden Künstler:innen von Graz nach Amposta (Spanien), einer im Herzen der Terres de l’Ebre liegenden Stadt, die für ihre Biodiversität bekannt ist. Die beiden Künstler:innen wählen das Fahrrad als ihr Haupttransportmittel, die Route der Reise ist so konzipiert, dass auf der Strecke zeitgenössiche Kunst- und Kulturzentren ebenso wie Zentren alternativer Lebensformen aufgesucht werden. Das Dokumentationsprojekt führt die Künstler:innen von Österreich, über Slowenien, Italien, Frankreich bis nach Spanien, dabei entstehen Video- und Tonaufnahmen, die im Anschluss an die Reise im Rahmen einer Residency in „Lo Pati“, einem Ausstellungszentrum in Amposta, zu einer Reihe von kurzen Dokumentarfilmen zusammengefügt werden. Ergänzt und vertieft durch Interviews und Fieldrecordings, die in dem Biosphärenreservat im Ebro-Delta nahe Amposta aufgenommen werden, gehen die Künstler:innen der Frage nach der Verwundbarkeit und zunehmenden Zerstörung der Ökosysteme sowie der Verbindung von Mensch und Natur nach.


Stipendiat:in 2022

Auslandsstipendien für Bildende Kunst: Margarethe Maierhofer-Lischka

Margarethe Maierhofer-Lischka betätigt sich als Klangkünstlerin, Musikerin, Performerin und Forscherin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Klang als sozialer und ästhetischer Intervention im Spannungsfeld verschiedener Ausdrucksformen und körperlicher Wahrnehmungen. Schwerpunkte ihres Interesses sind Improvisation / experimentelle und zeitgenössische Musik, partizipative Klanginstallationen sowie performative und szenische Arbeiten. Sie ist Gründungsmitglied von Schallfeld, einem renommierten internationalen Ensemble für zeitgenössische Musik mit Sitz in Graz. Das Ziel des eingereichten Projekts ist, in enger Zusammenarbeit mit der dänischen Performerin und Tänzerin Eva Esmann Behrens eine audiovisuelle Performance zu gestalten, in der Oberflächen und Formen, Bewegungen und Gesten von Körpern und Objekten durch Visuals, Raum und Klang verschmolzen werden können, um einen Raum zum gemeinsamen Denken und Fühlen zu schaffen. Im Rahmen des Arbeitsstipendiums soll ein Aufenthalt im dänischen Aarhus stattfinden. Dieser wird einer intensiven Recherche- und Arbeitsphase dienen. In einem zweiten Teil des Projekts wird in Graz die Performance weiter zur Produktionsreife ausgearbeitet. Nach der Fertigstellung soll das Werk als Teil des Festivals “Theaterland Steiermark” 2023 zur Aufführung kommen sowie nachfolgend auf Festivals in Dänemark, Deutschland und Österreich gezeigt werden. Weitere lokale Künstler:innen und Expert:innen sollen für die Dramaturgie und Szenografie sowie die Produktion einbezogen werden. Das künstlerische Vorhaben von Margarethe Maierhofer-Lischka lässt jenseits der Genre Grenzen eine ausgesprochen interessante Entwicklungsphase mit internationalem Austausch erwarten. Die Ergebnisse werden dem Grazer Publikum unter Einbeziehung weiterer lokaler Akteure zugänglich gemacht. Die Vergabe des Auslandsstipendiums für dieses Projekt wird daher empfohlen.


Stipendiat:innen 2021

Auslandsstipendien für Bildende Kunst: Julia Gaisbacher und Karl Wratschko

In dem Projekt „What remains!?“ möchte sich Julia Gaisbacher mit einem aktuellen Stadtentwicklungs- und Stadtteilerneuerungsprojekt in Zagreb beschäftigen und den damit in Verbindung stehenden zivilen Widerstand als Verteidigung des öffentlichen Raums erforschen. Dieses Projekt stellt den zweiten Teil ihrer laufenden Fotoserie über das Immobilienunternehmen Eagle Hills aus Abu Dhabi und dessen Großprojekte in postsozialistischen Städten des ehemaligen Jugoslawiens dar. Julia Gaisbacher verarbeitet in ihrem konsequent konzipierten künstlerischen Schaffen exemplarisch ausgesprochen relevante zeitgenössische soziale, kulturelle, ökonomische, politische und ästhetische Themen. Ihre Arbeiten sind dennoch eigenständig und entstehen in einem intensiven Austausch mit lokalen Akteur*innen. Auf diese Weise trägt sie auch zu einer internationalen Vernetzung und einem intensiven Austausch von Ideen bei. Die heurigen Rückblicke auf den Beginn des Zerfalls von Jugoslawien vor 30 Jahren veranschaulichen gut, wie sehr die Steiermark und Graz mit dem behandelten kulturellen und geografischen Raum verbunden sind. Das Wirken von Julia Gaisbacher ist daher auch in Hinblick auf eine informelle Fortführung der Trigon Idee unterstützenswert.


Karl Wratschko wird sich zur Bilder-Recherche für das neue Filmprojekt „Über Nationalismus“ auf die kroatische Insel Unije begeben. Die Landschaft dieser Insel, vor allem der Übergang zwischen Land und Meer, soll als Hintergrund für die textliche Reflexion über Nationalismus dienen und die Absurdität nationalistischer Gedanken veranschaulichen. Der Künstler setzt hierbei eine selten eingesetzte Technik ein, dreht auf S/W-Umkehrfilm und entwickelt das Material Cross: dabei entstehen „gespenstische Bilder“, die die Idylle des Mittelmeers bewusst brechen. Karl Wratschko schließt mit dem aktuellen Filmvorhaben an langjährige Recherchen und Vorarbeiten an, die sich mit dem „Neuen Nationalismus“ in Europa auseinandersetzen.


Stipendiat:innen 2020

Auslandsstipendien für Bildende Kunst: Helene Thümmel und zweintopf

Helene Thümmel arbeitet medienübergreifend an Projekten, die sich mit umfassenden Beziehungssystemen von Menschen und Räumen auseinandersetzen. Die Künstlerin konnte sich in den vergangenen Jahren, die sie mit Studien und Ausstellungen in Slowenien und Kroatien verbracht hat, ein Sensorium für das politische Klima dieser Region aneignen. Sie wird ihr Auslandsstipendium dazu nützen um sich in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Yugoslawien einem spezifischen Phänomen des Tito-Kults zu widmen. Sie kartographiert Geoglyphen, die den Namenszug des Staatsmannes monumental in Form von Steinformationen oder Bepflanzungen der Landschaft einschreiben. Vor Ort möchte sie mit der lokalen Bevölkerung Gespräche führen und zusammen mit Experten*innen und Institutionen recherchieren. Weniger Tito an sich ist für Thümmel dabei von Interesse, als das Verhältnis der Menschen zu einem im kollektiven Bewusstsein verankerten, geschichtlichen Erbe. Und wie sich diese Beziehung im Laufe der Zeit und im Licht veränderter politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen gewandelt haben könnte.

Das Künstlerduo zweintopf widmet sich seit seiner Gründung 2006 mit Vorliebe der Untersuchung von flüchtigen Alltagsphänomenen. Dabei haben Eva Pichler und Gerhard Pichler einen besonderen Blick für absurde Lesarten und Zusammenhänge entwickelt, die sie mittels Objekten, Installationen, Bildwerken und öffentlichen Interventionen vor Augen führen, denen immer ein spielerisches, ironisches oder poetisches Element zu eigen ist. Im Rahmen ihres Auslandsstipendiums in Prag wird zweintopf ihren Fokus auf ein verkanntes (und zunehmend verbanntes) kulturelles Erbe Tschechiens richten. Eine große Zahl an dekorativen Skulpturen wurde auf staatliches Geheiß im Zeitraum zwischen dem „Prager Frühling“ 1968 und der „samtenen Revolution“ 1989 vor öffentlichen Gebäuden in Tschechien geschaffen. Dieser zwanghaft unpolitischen Kunst am Bau, deren Reiz vor allem darin liegt, was sie nicht zeigt, wollen zweintopf „auf Augenhöhe“ begegnen und ihnen durch Interventionen vor Ort eine mögliche aktuelle Neudeutung angedeihen lassen. In Plakatform im Prager Stadtraum sollen die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung auch als Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion dienen.

Stipendiat:in 2019

Auslandsstipendien für Bildende Kunst: Clara Oppel

Clara Oppel, die im Jahr 2007 ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt nach Graz verlegt hat, überzeugt mit ihrer stringenten künstlerisch-akustischen Auslotung, Vermessung und Transformation von Raum, Objekt und Subjekt. Die daraus entstehenden Raum/Klang-Installationen sind das Ergebnis intensiver Beschäftigung und Auseinandersetzung mit spezifischen, dem Raum und seiner Situierung eigenen und eingeschriebenen akustischen Ausformungen, die die Künstlerin für die jeweils subjektive Wahrnehmung der Besucher*innen erfahrbar macht: Klänge werden nicht nur aufgenommen und festgehalten, sie werden seziert, verformt, überlagert, beschleunigt, verzögert, rhythmisiert.., um nach einem kompositorischen Prozess in einer Raum/Klang-Skulptur den Raum neu aufrollen zu können.

Im vorliegenden Projektvorhaben „FERNE KLÄNGE“ wird sich Clara Oppel auf eine Bahn-Reise von Graz nach Peking begeben – über Warschau, Minsk, Moskau, Yekaterinburg, Omsk, Novosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk, Ulan Ude und Ulan Bator –, um auf dem Weg die jeweiligen Charakteristika in der Dynamik und Bewegung im Raum und durch den Raum klanglich zu erörtern und in Peking künstlerisch zu bearbeiten.

Stipendiat:innen 2018

Auslandsstipendien für Bildende Kunst: Veronika Tzekova und Martin Grabner

In den vergangenen Jahren beschäftigt sich Veronika Tzekova (geboren 1973 in Bulgarien), die 2012 ihren Lebensmittelpunkt nach Graz verlegt hat und seither künstlerisch sehr präsent tätig ist, mit den Feinheiten der (mitunter deutschen) Sprache in seiner Mehrfach/Be/Deutung und den damit unabdingbar verbundenen unterschiedlichen Wahrnehmungsprozessen. Die Werkserie CDouples, sowie die daraus weiterentwickelten syllaBLEndings, in denen die Künstlerin aus zwei und mehreren Wörtern die verschränkende Imaginations- und Assoziationsfähigkeit der Rezipient*innen herausfordert, soll im Rahmen des Stipendiums auf weitere Wahrnehmungsebenen erweitert werden: Veronika Tzekova arbeitet an der Realisierung einer gleichermaßen gegebenen Wahrnehmungs-/Betrachtungsmöglichkeit für sehende, eingeschränkt-sehende und nicht-sehende Menschen, indem sie die künstlerischen Sprach-Mittel erweitern und nicht bloß auf die bekannten "Übersetzungsmethoden" zurückgreifen will.

Im Zuge mehrerer Reisen, die ihn im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Architekturfakultät an der TU Graz ins Westjordanland führten, konnte sich Martin Grabner (Jg. 1979) vor Ort eigene Eindrücke vom Alltag und der Lebenssituation in einer Region verschaffen, die den meisten Menschen wohl nur aus medialer Berichterstattung bekannt sein wird. In seinem Filmprojekt „Traum aus Beton“ (Arbeitstitel) möchte Grabner die komplexen politischen Voraussetzungen, Widersprüchlichkeiten und Unsicherheiten skizzieren, die am Beispiel des aktuell größten palästinensischen Bauprojekts zu Tage treten. Rawabi ist eine am Reißbrett entwickelte, privat finanzierte Modellstadt, die als Gegenentwurf zu Ramallah, Vorbild für ein neues palästinensische Selbstverständnis sein soll. Angelegt zwischen Dokumentar- und Kunstfilm, soll das Projekt keine vorgefertigte Analyse liefern, sondern ein authentisches Bild der Realität vermitteln, das dem Publikum Raum für eigene Bewertungen öffnet. Das ambitionierte Vorhaben von Martin Grabner (in Zusammenarbeit mit Daniel Hermes), die politisch brisante Rolle von „Architektur, Infrastruktur und Raum als Instrumente der Macht und Kolonisation“ alternativ zu erarbeiten, soll durch das Auslandsstipendium gewürdigt und gefördert werden.

Stipendiat:innen 2017

2017 wurden keine Stipendien beschlossen.

Stipendiat:innen 2016

Auslandsstipendium für Bildende Kunst: Christoph Grill

Das von Christoph Grill geplante Vorhaben „Finis Terrae“, das in einer Buchform münden soll, ist Orten gewidmet, die mit der Vorstellung behaftet sind, Endpunkte der Welt – des Landes zu sein. Landsend, Finisterra, Finistère und Cabo de Finisterre sind nur einige Namen solcher Punkte – meist Landspitzen, die das Bild vom Ende dokumentieren – so stark, dass sie oft auch wider besseren Wissens die Vorstellung der Menschen – zumindest über ihre Gefühle – determinieren.
Seine Frage, ob sich diese geographisch meist markanten Punkte aufgrund allgemeiner Mobilität, Erreichbarkeit und Vernetzung verändert haben, ist nicht nur zentral für diese Orte selbst. Sie hat durch die aktuellen Entwicklungen in Europa neue, übertragene Bedeutung gewonnen. Grenzen schienen überwunden und nun sind sie wieder da: in neuer Form, anders gelagert, neuen Ängsten und Vorstellungen entsprungen. Auch davon handelt dieses Projekt – ohne den aktuellen Stereotypen zu folgen oder nur allzu Bekanntes zu zitieren. Christoph Grill nähert sich seinen Themen sehr überlegt, gleichzeitig aber sehr gefühlvoll. Es sind keine Schnappschüsse, sondern bewusst gewählte Aufnahmen, die nicht nur den Zustand der Orte erfassen. Sein konzentrierter Einsatz der Kamera lässt Bilder mit surrealem und poetischem Anflug entstehen, die weit über das Dokumentarische hinausgehen. Bilder, die nicht nur vordergründig sichtbare Stimmungen und Themen vermitteln – sondern auch solche Themen, die sich zwischen dem Dargestellten verbergen und nur feinfühlig erfahrbar sind.

Stipendium für Film: Miriam Raggam

Um Miriam Raggam eine tiefgehende theoretische und künstlerisch-praktische Auseinandersetzung zu ihrem nächsten Projekt zum Thema „Passing“ zu ermöglichen, wird die Vergabe des Stipendiums für Film an die in Graz lebende Künstlerin vorgeschlagen. In dieser Arbeit sowie in ihrem gesamten Schaffen setzt sie sich mit den politischen und sozialen Räumen, sowie subtil festgefahrenen Strukturen in ihrer Umgebung auseinander und zögert dabei nicht, sich auch selbst zu positionieren. Mit ihren filmischen Werken beabsichtigt Miriam Raggam, unsichtbare Mechanismen der Gesellschaft sichtbar zu machen und den öffentlichen Diskurs darüber anzuregen, wobei Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster kritisch hinterfragt und für Veränderung offen gelassen werden.

Stipendiat:innen 2015

Auslandsstipendium für Bildende Kunst: Katharina Swoboda

Katharina Swoboda stellt in ihrem aktuellen Projekt „Artificial Playgrounds“ die zentrale Frage nach dem Verhältnis von Tier, BetracherIn und Architektur in zoologischen Gärten. Sie entlarvt damit den Tiergarten als Konstrukt der Moderne, das ganz bestimmte Auffassungen von Natur inszeniert, diverse Bilder generiert und konkrete Vorstellungen befriedigt. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert verstehen sich Tiergärten als Orte des Natur- und des Artenschutzes, der Bildung eines vielfach urbanen Publikums, aber auch als meist großstädtischer Erholungsraum.
Katharina Swoboda ermöglicht das Medium Video die nötige Flexibilität und Offenheit, um diesen sehr speziellen Ort auf seine Gegebenheit hin zu untersuchen. as Auslandsstipendium soll ihr die Möglichkeit geben, einen der ältesten Zoos Russlands, den Königsberger Tiergarten in der russischen Exklave Kaliningrad und dessen erhaltene historische Bauten, zu untersuchen und damit ihre Kartographie zoologischer Gärten zu erweitern.

Auslandsstipendium für Film: Sarah Schalk

Das ambitionierte Projekt überzeugt mit der genreübergreifenden Aufgabenstellung, sowie der Verbindung von Wissenschaft und Medien. Anknüpfend an die bisherige Ausbildung der Künstlerin und ihre aktuellen interdisziplinären Arbeiten, erwartet der Beirat eine qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit dem Thema und der Form. Die sorgfältig vorbereiteten Einreichunterlagen lassen auf eine fundierte Beschäftigung mit den Inhalten schließen und eröffnen dem Leser/der Leserin sowohl Verwertungsperspektiven als auch die zukünftige Nachhaltigkeit des „Arctic-Circle“- Projekts*, nicht zuletzt im Rahmen von Sarah Schalks Lehrtätigkeit.

Stipendiat:innen 2014

Auslandsstipendium für Bildende Kunst: Bernhard Wolf

Die Wahl für ein Auslandsstipendium im Bereich bildende Kunst fiel auf Bernhard Wolf, der sein künstlerisches Langzeitprojekt "In alle Netze" im Jahr 2013 sehr erfolgreich im Grazer Stadtraum umgesetzt hat und nun in anderen Städten fortsetzen möchte, geplant ist im Jahr 2014 eine Umsetzung in Russland als großflächige Wandarbeiten in Moskau und Nizhny Novgorod. Die frei assoziierten Wort/Bildkombinationen knüpfen an eine Bildsprache an, die der Künstler in den 1990er-Jahren entwickelt hat, sie werden von ihm konsequent weiterformuliert. Bernhard Wolf interessieren bei der Standortsuche insbesondere die "Leerstellen" im städtischen Gefüge, Orte die nicht bereits durch Botschaften wie etwa Werbung definiert sind. Als Parterinstitutionen wurden das National Center for Contemporary Arts NCCA und das österreichische Kulturforum Moskau angefragt. Das Vorhaben erscheint vor dem Hintergrund äußerst realistisch, als der Künstler über reiche Erfahrung und Kontakte durch Studium, Reisen und Projekte im russischen Raum verfügt.

Auslandsstipendium für Film: Lukas Marxt

"Oszillated Horizon" ist ein vielversprechendes Projekt, dessen Konzept die Jury überzeugen konnte. Mit dem Auslandsstipendium Film lässt sich der Aufenthalt in Istanbul und den anderen Orten vom Schwarzen Meer bis zum Marmarameer mitfinanzieren und ermöglicht damit eine hochqualitative Recherche und Dreharbeit. Die Bildsprache der bisherigen Arbeiten des Künstlers besticht durch Klarheit der reduzierten Mittel, überzeugende Ästhetik und technische Brillianz.

Stipendiat:innen 2013

Petra Sterry und Eva Beierheimer

Ein Arbeitsstipendium der Landeshauptstadt Graz wird 2013 an Frau Petra Sterry für die Fortführung ihres interdisziplinären Kunstprojekts Nadaistics empfohlen. Bei diesem Vorhaben geht sie vom Begriff nada aus, der im Spanischen 'nichts' heißt und stellt den Wortstamm nad, der in slawischen Sprachen Hoffnung bedeutet, zueinander in Verhältnis. So spannt sie einen weiten Bogen von der Leere über Nichts zur Hoffnung und unterstreicht damit Bedeutung und Wert des nicht Greifbaren. In Workshops fordert Petra Sterry Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf, eigene Vorstellungen und ihre Erfahrungen über das weite, oben genannte Spektrum zu formulieren. So entstehen Bilder, Collagen und Texte, die das nicht Greifbare begreif-und sichtbar machen. Nadation wird zur Navigationshilfe für das persönliche Bewusstsein und zur Kommunikationsbasis, um über das Nichts und die Hoffnung sprechen zu können.

Eva Beierheimer ist viel unterwegs, untersucht Orte nach ihren ganz spezifischen Strukturen, die sie dokumentiert, interpretiert und in ihren Eigenheiten analysiert. Ein wichtiges Mittel ihrer Arbeit sind zudem Buchstaben, Worte, Texte. Bücher werden zum Material, Buchstabenfelder zum Nährboden für Lesematerial, das im Vorgefundenen neue, ungeahnte Sinnzusammenhänge stiftet. An den realen Orten wie auch an den Worten interessiert sie neben der Analyse auch die Transformation des Alltäglichen, das Sichtbarmachen von Randsituationen. In diesen wird deutlich, wie Texte Kunst erweitern, ergänzen und umdeuten können, in ähnlicher Weise, wie geschickt gewählte Blickwinkel fotografisch die Wirklichkeit zu transformieren im Stande sind.

Stipendiat:innen 2012

Zita Oberwalder gehört seit geraumer Zeit neben Paul Ott zu den wichtigen Positionen der Grazer Fotografie. Ihre Arbeiten sind seit Anbeginn ihrer Karriere regelmäßiger Bestandteil österreichischer und internationaler Einzel- und Gruppenausstellungen. So beschreibt der Grazer Kunsthistoriker Ulrich Tragatschnig ihre Arbeit wie folgt: "Zita Oberwalder verwendet keine besonders präparierten, quasi umprogrammierten Apparate. Sie fügt dem Fotografieren nichts hinzu noch spart sie etwas davon aus. Technisch ist ihre Fotografie ganz bei sich selbst bzw. dort, wo sie vor der digitalen Wende war: unplugged. Dementsprechend verhalten sich auch ihre Fotografien fürs Erste genau so wie sich Fotografien eben verhalten. Sie haben Fokus, Perspektive, Grenzen." Zita Oberwalder ist eine Reisende und Sehende – ihre künstlerischen Arbeiten entstehen fast ausschließlich außerhalb ihrer unmittelbaren täglichen Umgebung. Das Stipendium soll diese Arbeitsweise unterstützen.

Wesentliche Arbeiten von Isa Riedl sind auf Reisen entstanden. Das Unterwegssein, das Aufspüren von Nicht-Orten und die Suche nach den Zwischenräumen kennzeichnen das künstlerische Schaffen. Zeichnung und Malerei sind ihre Medien. Seit sechs Jahren bereichert die umtriebige Künstlerin die Grazer Kunstszene. Mit Spannung gilt es zu erwarten, welche Beobachtungen sie während ihres Aufenthalts in der Tschechischen Republik anstellen wird.

Stipendiat:innen 2011

Clemens Hollerer, geboren 1975 in Bruck/Mur, lebt und arbeitet in Graz und Bad Gleichenberg. Er absolvierte das HISK (Higher Institute for Fine Arts) in Antwerpen, das Euregio College for Fine Art Photography in Kefermarkt und die International Summer Academy of Fine Arts in Salzburg. Er stellte in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, New York, Brüssel, Bonn, Bukarest, Wien und Graz aus. 2009 erhielt er den Fotoförderungspreis der Stadt Graz und den Art Jury First Prize in Paris. 2010 wurde er zum Future Generation Art Prize in Kiev/Ukraine und zum Zurich Art Prize nominiert. Aktuelle Ausstellung: „Brauchen wir einen Unfall?“ (mit der Filmschaffenden, Performancekünstlerin und letztjährigen Diagonale-Preisträgerin für Innovatives Kino, Sabine Marte) im Kunsthaus Graz.
Zu Clemens Hollerer halten die Juror*innen fest, dass er auf die zahlreichen Anregungen, die ihm Projekte im öffentlichen Raum vermitteln, reagiert – oft sind das Baustellen - und diese zum Ausgangspunkt seiner künstlerischen Arbeiten macht. Insofern ist ein Reise- und Arbeitsstipendium im skandinavischen Raum, von Kopenhagen über Stockholm nach Oslo, wie Hollerer es plant, sinnhaft und trägt dazu bei, die Serie seiner Arbeiten fortzusetzen.

Lotte Lyon, 1970 in Graz geboren, erhalten. Sie studierte Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und an der Hochschule der Künste Berlin, lebt und arbeitet in Wien und unterrichtet an der Kunstuniversität Linz. Neben anderen Preisen und Stipendien erhielt sie 2007 den Kunstförderungspreis der Stadt Graz und den Kunstpreis der Diözese Graz-Seckau. Sie kann auf eine große Zahl an Ausstellungen im In- und Ausland verweisen (in Graz: Neue Galerie Studio, Camera Austria, Kulturzentrum bei den Minoriten).
Die Juror*innen fassten wie folgt ihre Begründung zusammen: Lotte Lyon untersucht in ihrer Arbeit reduzierte geometrische Formen, deren kunstgeschichtliche Ursprünge teilweise gerade im asiatischen Raum ablesbar sind. Daher empfiehlt sich der erwünschte Studienaufenthalt in Japan bzw. in den asiatischen Raum, sofern es angesichts der tragischen Entwicklungen in Japan zu einer Adaptierung des Aufenthaltsziels kommen muss.

Stipendiat:innen 2010

Christoph Grill beschäftigt sich seit 1996 intensiv mit den ehemaligen kommunisitischen Staaten Osteuropas und des Balkans und begann 1999 ein Buchprojekt, das alle 15 Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zum Thema hat. Er erhielt 2006 den Förderungspreis für Fotografie der Stadt Graz und stellte u. a. in der Camera Austria, in der Neuen Galerie, in Italien, Ungarn, Slowenien und in Russland seine Werke aus.
Für die Jury ergibt sich mit der Zuerkennung des Stipendiums die Möglichkeit, ein Langzeitprojekt abzuschließen, in dem noch einigen vorgesehene Orte fehlen. Christoph Grill wird unbestritten hervorragende künstlerische Qualität bescheinigt, seine Arbeiten spiegeln eine "angenehme Seriosität" und sind von "hoher Umsetzungskonsequenz" getragen.

E.D Gfrerer, 1958 in Paterion geboren, ist seit 1978 in Graz tätig. E.D Gfrerer, der auch eine Tischlerlehre absolviert hat, beendete das Studium der Architektur auf der TU Gra mit einer Diplomarbeit über Objektentwürfe in Moskau. Seit 1992 ist es als freischaffender Künstler in Graz tätig und beteiligt sich u. a. an Wettbewerben in Graz, Wien, Linz, Berlin und Helsinki. Einem Lehrauftrag am Institut für Gebäudelehre der TU Graz folgten zahlreiche Ausstellungen, wobei er bis auf wenige Ausnahmen mit anderen Künstler*innen zusammenarbeitete.
In E.D Gfrerers Ansuchen wertet die Jury als besonders bestechend, dass sein Projekt einen künstlerischen Austausch mit Georgien impliziert. E.D Gfrerer schließt an konkrete Recherchen und Vorarbeiten an, die gemeinsam mit seinem kontinuierlich hochwertigen künstlerischen Schaffen die Zuerkennung eines Austauschstipendiums rechtfertigen.